Einhergehend mit der Revision des Schweizer Aktienrechts im Jahr 2023, von der auch Stiftungen gerade unter dem Gesichtspunkt der Insolvenz- und Offenlegungspflichten zwangsläufig betroffen waren, wurde das Stiftungsrecht ab 2024[1] im Sinne grösserer Flexibilität noch weiter vereinfacht.
Die anwendbaren Änderungen, insbesondere im Rahmen der Artikel 84 – 86 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB), lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Verfahren bei drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung: das Kuratorium muss unverzüglich die Aufsichtsbehörde benachrichtigen – Artikel 84a
- Offenlegung der Vergütungen: jährliche Meldung des direkt oder indirekt gezahlten Betrags durch das Kuratorium an die Aufsichtsbehörde – Artikel 84b
- formeller Beschwerdemechanismus: einzureichen bei der Aufsichtsbehörde gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane – Artikel 84. Abs. 3
- Erweiterung der Stifterrechte: Erweiterung des Änderungsvorbehalts des Stiftungszwecks und der Stiftungsorganisation, wobei im Falle von Mitstiftern der Änderungsantrag gemeinsam gestellt werden muss – Artikel 86a
- Vereinfachung geringfügiger Änderungen der Stiftungsurkunde: wenn diese sachlich gerechtfertigt sind und keine Rechte Dritter beeinträchtigen – Artikel 86b
- Klarstellung zur Form: Änderungen der Stiftungsurkunde gemäss Artikel 85 – 86b bedürfen einer vorherigen förmlichen Entscheidung, ohne dass eine öffentliche Urkunde erforderlich ist – Artikel 86c
Andererseits wurde das Schweizer Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) kürzlich[2] einer Teilrevision aus der Perspektive des grenzüberschreitenden Erbrechts unterzogen, indem das Schweizer Parlament im Dezember 2023 Änderungen zu Kapitel 6 des Gesetzes verabschiedete.
Während der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen noch nicht genau festgelegt ist, wurde eine Referendumsfrist bis zum 18. April 2024 festgelegt.
Der Zweck der Überarbeitung besteht in erster Linie darin, die Angleichung des Gesetzes an die EU-Erbrechtsverordnung von 2012 zu verbessern, die seit 2015 in allen EU-Mitgliedstaaten – mit Ausnahme von Dänemark und Irland – gilt.
Da der letzte Wohnsitz des Verstorbenen weiterhin das primäre Anknüpfungskriterium ist, zielen die Änderungen darauf ab, Zuständigkeitskonflikte in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug zu verringern und die Autonomie der Parteien bei der Wahl des anwendbaren Rechts bei der Nachlassplanung zu stärken.
Zu den Änderungen gehören:
- Möglichkeit, die schweizerische Gerichtsbarkeit für Schweizer Staatsangehörige mit Wohnsitz im Ausland auszuschliessen;
- Wahl des ausländischen Gerichtsstands für Ausländer mit Wohnsitz in der Schweiz, ausser bei der Liquidation des ehelichen Güterstandes;
- subsidiäre Zuständigkeit schweizerischer Behörden bei Untätigkeit einer ausländischen Behörde;
- Recht auf Wahl des Rechts eines der Nationalstaaten für die Nachlassplanung sowohl für Ausländer mit Wohnsitz in der Schweiz als auch für Schweizer mit doppelter Staatsbürgerschaft – mit Ausnahme der schweizerischen Zwangserbschaftsregelung, die weiterhin auf den Nachlass der letzteren anwendbar bleibt;
- Anwendung der lex fori in Bezug auf die Rechte des Testamentsvollstreckers oder Verwalters über das Nachlassvermögen und dessen Verfügungsbefugnis.
Aus praktischer Sicht müssen jedoch der Ausschluss des schweizerischen Gerichtsstands sowie die Wahl eines nationalen Gerichtsstands und des anwendbaren Rechts in der letztwilligen Verfügung eines Erblassers oder einer Erblasserin ausdrücklich festgelegt werden.
[1] Siehe hier https://www.fedlex.admin.ch/eli/oc/2022/452/de.
[2] Siehe hier https://www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2020/20200034/Schlussabstimmungstext%201%20NS%20D.pdf.
Der Bundesrat hat vor kurzem angekündigt[1], dass er bis zum 29. November 2023 eine Vernehmlassung für eine Gesetzesvorlage zur Verschärfung der bestehenden Geldwäschereibestimmungen durchführen wird.
Der vorgeschlagene Rahmen konzentriert sich insbesondere auf die Identifizierung juristischer Personen, wobei ein obligatorisches bundesweites (Transparenz-)Register mit Informationen über wirtschaftliche Eigentümer eingeführt werden soll, das sich im Wesentlichen an alle juristischen Personen richtet. Das nicht-öffentliche Register wird vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) koordiniert und den zuständigen Behörden zugänglich gemacht. Abweichend davon wird es für bestimmte Rechtsformen wie Einzelunternehmen, Stiftungen, Vereine, sowie Gesellschaften mit beschränkter Haftung auch ein vereinfachtes Verfahren geben.
Darüber hinaus wird der Schwellenwert für Sorgfaltspflichten im Handel mit Edelmetallen und Edelsteinen von CHF 100’000 auf CHF 15’000 deutlich gesenkt.
Auch für Barzahlungen im Immobiliengeschäft wird eine pauschale Sorgfaltspflicht eingeführt, unabhängig von der Höhe des Betrags.
Nach dem Ablauf der Vernehmlassungsperiode soll der Vorschlag Anfang 2024 dem Parlament vorgelegt werden.
[1] Siehe hier: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-97561.html.
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[1] Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.nextlawnetwork.com/.
Das neue Erbrecht, welches seit dem 01. Januar 2023 in Kraft ist, ermöglicht mit der Reduzierung der Pflichtteile dem Erblasser mehr Freiheit und Flexibilität in Bezug auf dessen Erbverteilung.[1]
Mit anderen Worten, mit der Verabschiedung der Gesetzesrevision durch das Parlament im Jahr 2020, soll das neue Gesetz den Erblassern mehr Spielraum bei der Verfügung über einen grösseren Teil ihres Nachlasses gewähren.
In Kürze
Die wichtigsten Änderungen in Kürze:
- Der Pflichtteil für direkte Nachkommen wird auf 50% gesenkt.
- Der Pflichtteil für die Eltern wird abgeschafft.
- Ehepaare, welche sich in einem laufenden Scheidungsverfahren befinden, können sich neu gegenseitig enterben, bevor ein endgültiges Scheidungsurteil ausgesprochen wurde.
- Die Ersparnisse aus der Säule 3a werden aus der Nachlassmasse ausgeschlossen.
- Schenkungen im Erbvertrag sind verboten, ausser in Fällen, in denen eine ausdrückliche Zustimmung aller Vertragsparteien vorliegt.
Testament und Erbvertrag
Für die Verteilung des Nachlasses ist es entscheidend, ob ein Testament (letztwillige Verfügung) bzw. ein Erbvertrag errichtet wurden oder nicht. Wurde eine letztwillige Verfügung errichtet, reduziert sich der Pflichtteil der gesetzlichen Erben um die Hälfte, sprich auf einen Viertel des gesamten Nachlasses. Der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten respektiv des eingetragenen Partners bleibt jedoch auch nach der Gesetzesrevision gleich. Er beträgt weiterhin einen Viertel des gesamten Nachlasses.
Fehlt hingegen eine letztwillige Verfügung, bleibt es bei der gesetzlichen Erbfolge, was einen 50% Anspruch für den überlebenden Ehegatten und einen 50% Anspruch für die gesetzlichen Erben bedeutet.
Nutzniessung
Auch das Nutzniessungsrecht wurde geändert. Vereinfacht ausgedrückt ist die Nutzniessung das Recht der direkten Nachkommen, die Verwendung ihres geerbten Vermögens zugunsten des überlebenden Ehegatten aufzuschieben. Diese Ehegattenbegünstigung wird dahingehend erweitert, dass dem überlebenden Ehegatten statt 25%, neu nun 50% des Nachlasses eingeräumt werden können und dementsprechend an den restlichen 50% des Nachlasses der Nutzniessung eingeräumt werden kann.
Konkubinat
Konkubinatspartner haben auch nach der Gesetzesänderung keinen gesetzlichen Anspruch auf das Erbe ihres Partners. Eine allfällige Bevorzugung eines Konkubinatspartners muss weiterhin in einem Testament oder Erbvertrag erfolgen. Die Steuerfolgen sind dabei zu klären.
Zukunft
Die Unternehmensnachfolge in einem Familienunternehmen soll erbrechtlich erleichtert und deshalb einer Revision unterzogen werden. [2] Dazu gehören unter anderem Bestimmungen über die Bewertung von Unternehmen und das Recht, ein Unternehmen aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung auf einen Erben zu übertragen.
In Anbetracht des potenziellen grenzüberschreitenden Charakters einiger Erbschaftsfälle ist auch eine Änderung des internationalen Privatrechts im Gange.[3] Dadurch würde das Schweizer Recht grundsätzlich mit der EU-Erbrechtsverordnung (Nr. 650/2012) in Einklang gebracht werden.
[1] Siehe hier https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/aktuell/mm.msg-id-83570.html.
[2] Siehe hier https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2019/2019-04-10.html.
[3] Siehe hier https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-78427.html.
Am 1. Januar 2023 wird das neue, teilrevidierte, Aktienrecht in Kraft treten. Damit werden gewisse Flexibilisierungen möglich, die aber häufig einer Statutenrevision bedürfen. Ausserdem kommen neue Pflichten auf die Geschäftsleitung (GL) und den Verwaltungsrat (VR) hinzu. Statuten der Aktiengesellschaften sind bis am 1. Januar 2025 anzupassen, können aber ab sofort umgesetzt werden. Nachfolgend das wichtigste in Kürze.
Hauptziele der Revision
Die Revision des Aktienrechts überführt zunächst die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften in die Bundesgesetze, soll aber auch die Corporate Governance auch bei nicht börsenkotierten Gesellschaften verbessern. Mehr Flexibilität soll das Aktienrecht durch die Gründungs- und Kapitalbestimmungen erfahren und dabei auf das neue Rechnungslegungsrecht abgestimmt werden. Folgende Ziele wurden mit der Revision verfolgt:
- Anpassungen in der Kapitalstruktur – und Reserven
- Verbesserung der Corporate Governance
- Verwendung elektronischer Mittel bei der Generalversammlung
- Förderung der Gleichberechtigung
- Einfügung weitere Sanierungsbestimmungen im Obligationenrecht
- Verstärkte Transparenz von Finanzströmen in der Rohstoffbranche
- Überführung der Vergütungsverordnung VegüV ins OR.
- Weitere Änderungen
Im Einzelnen
1. Kapitalstruktur und Reserven
Das Aktienkapital darf neu auf ausländische Währung lauten (nOR 621) und auch die Buchführung und Rechnungslegung werden in der für die Geschäftstätigkeit wesentlichen ausländischen Währung zugelassen (OR 957a Abs. 4 und 958d Abs. 3). Soll das bisherige Kapital von Schweizerfranken geändert werden, sind eine entsprechende Beschlussfassung durch die Generalversammlung (GV) und eine Statutenrevision durchzuführen.
Der Mindestnennwert von Aktien wurde von mindestens 1 Rappen auf grösser als 0 festgelegt (nOR 622 Abs. 4). Mittels Schaffung eines Kapitalbands erfolgt eine Flexibilisierung von Kapitalherabsetzungen und -erhöhungen während neu maximal 5 Jahren. Allerdings darf in diesem Fall kein Verzicht auf die eingeschränkte Revision vorliegen, und das Kapitalband darf das bisherige Aktienkapital nur zu 50% verändern. Beides stellt doch eine erhebliche Einschränkung dessen Anwendung dar.
Die Reservenbildung wird nun detailliert geregelt (Gewinn-, Kapital-, freiwillige Gewinnreserve).
2. Verbesserung der Corporate Governance
Mit der Revision sollen die Auskunfts- und Einsichtsrechte der Aktionäre gestärkt werden. Durch eine Senkung der Schwellenwerte für die Ausübung von Aktionärsrechten, so für das Einberufungs- und Traktandierungsrecht nach nOR 699 ff einerseits und das Recht auf eine Sonderprüfung/Sonderuntersuchung nOR 697c ff. andererseits. Ferner wird die Transparenz bei börsenkotierten Gesellschaften nochmals erhöht.
3. Flexibilisierung der Anforderungen an die GV
Neu kann die Generalversammlung gemäss nOR 701a und 701b an mehreren Tagungsorten oder auch im Ausland durchgeführt werden, elektronische Hilfsmittel sind sowohl bei der Vorbereitung, Durchführung und Beschlussfassung (als Konsequenz aus der Corona-Pandemie) gestattet (nOR 700 I und 701c). Will man von dieser Flexibilisierung Gebrauch machen, sind entsprechende Statutenbestimmungen einzufügen. Ferner wird die Rolle des unabhängigen Stimmrechtsvertreters gestärkt. Und schliesslich kann die Generalversammlung den VR neu auch zur Einreichung von Aktionärsklagen verpflichten.
4. Förderung der Gleichberechtigung
Bereits seit dem 1. Januar 2021 in Kraft, verpflichtet der neue OR 734f börsenkotierte Gesellschaften mit mehr als 250 Mitarbeitenden einen Anteil beider Geschlechter von je 30% im VR und je 20% in der GL zu halten. Es gelten Übergangsfristen von 5 Jahren für den VR und von 10 Jahren für die GL, wobei eine Erklärungspflicht im Vergütungsbericht besteht (comply or explain).
5. Sanierungsbestimmungen im OR
Die Handlungspflichten für die GL und den VR werden verstärkt, so z.B. wenn Zahlungsunfähigkeit droht oder bei Kapitalverlust. Entsprechend werden die unübertragbaren Pflichten des Verwaltungsrates ergänzt.
6. Verstärkte Transparenz von Finanzströmen in der Rohstoffbranche
Gemäss nOR 964a ff. muss in einem jährlichen Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen informiert werden. Dadurch soll ein Beitrag gegen Misswirtschaft und Korruption geleistet werden.
7. Vergütungsverordnung – VegüV:
Als Übergangsverorderung zur Umsetzung der Abzocker-Initiative kreiert, können die Spezialbestimmungen zu börsenkotierten Gesellschaften mit der Aktienrevision nun ins OR (nOR 732 ff.) überführt werden.
8. Weitere Änderungen
In der Praxis werden ausserdem folgende Änderungen sehr relevant sein:
- Einführung einer Schiedsklausel
Die Statuten dürfen neu ein Schiedsgericht mit Sitz in der Schweiz vorsehen (Art. 697n Abs. 1 revOR). Es gelten die Bestimmungen des 3. Teils der Zivilprozessordnung (ZPO 353 ff.). Die Statuten können dabei auf eine bestimmte Verfahrensordnung einer Schiedsinstitution verweisen (Art. 697n Abs. 3 revOR, sogenanntes institutionelles Schiedsgericht).
- Wegfall der Sachübernahmebestimmungen
Bei der (beabsichtigten) Sachübernahme übernimmt die Gesellschaft von einem Aktionär oder einer ihr nahe stehenden Person Vermögenswerte oder beabsichtigt, solche zu übernehmen. In neuen Aktienrecht fallen diese Bestimmungen ersatzlos weg. Damit ist eine Hürde, die in der Beratung immer wieder für Verwirrung sorgte, weggefallen.
- Auswirkungen auf weitere Gesellschaftsformen
Auch bei der GmbH und z.T. der Genossenschaft gelten folgende Neuerungen:
- Stammkapital mit Fremdwährung
- Nennwert pro Stammanteil grösser als 0 (bisher mind. CHF 100)
- Sachübernahme abgeschafft
- Virtuelle & hybride Gesellschafterversammlungen
- Finanzverantwortung
- Statutarische Schiedsklausel
Unsere Empfehlung
Die Statuten der Aktiengesellschaften sind bis am 1. Januar 2025 anzupassen. Wollen die Gesellschaften vorher schon, z.B. von den Möglichkeiten der elektronischen GV und anderen Flexibilisierungen profitieren, sollten die Statuten unverzüglich angepasst werden, was einer öffentlichen Beurkundung und Eintragung ins Handelsregister bedarf (OR 647).