Julius Paulicka, Rechtsanwalt im Gespräch mit Jana Hofmann[1]
Wie sind Sie zum Pferderecht gekommen?
Alles hat angefangen mit der eigenen Reiterei. Meine Eltern führen seit mehr als 50 Jahren einen eigenen Zucht- und Reitbetrieb. Nach meinem Jus-Studium in Bielefeld (D) habe ich mein Anwaltspraktikum bei einer auf Pferderecht spezialisierten Kollegin absolviert, und so gab eines das andere.
Können Sie uns aufgrund Ihrer Erfahrungen schildern, was es alles beim Pferdekauf zu beachten gilt? Ist der Pferdekaufvertrag an bestimmte Formvorschriften gebunden?
Nein, der Pferdekaufvertrag unterliegt keiner bestimmten Formvorschrift und kann demnach auch mündlich erfolgen. Da es sich beim Pferdekauf um eine gewichtige Angelegenheit handelt, lohnt es sich, einen schriftlichen Kaufvertrag abzuschliessen. Dabei sollten alle wesentlichen Vertragspunkte erfasst werden, was später aus Beweisgründen vorteilhaft sein kann.
Was sollte alles im Kaufvertrag enthalten sein?
Das Pferd sollte eindeutig beschrieben werden. Demnach sollten folgende Punkte unweigerlich im Kaufvertrag genannt werden: Name des Pferdes, Rasse, Geburtsjahr, Geschlecht, Farbe, UELN (Lebensnummer des Pferdes). Auch als sinnvoll erweist es sich – zumindest aus Käufersicht – wenn im Kaufvertrag erwähnt wird, ob das Pferd turniererfahren, geländesicher bzw. schmiedefromm ist.
Der Käufer sollte vom Verkäufer eine vertragliche Zusicherung der Gewährleistung verlangen. Demnach sollte vertraglich festgehalten werden, wie sich der aktuelle Zustand des Pferdes darstellt. Der gesundheitliche Zustand sollte durch eine Ankaufsuntersuchung (AKU) festgestellt werden, denn den Verkäufer trifft eine Gewährleistungspflicht nur insoweit sie dem Käufer zugesichert worden ist (vgl. Art. 198 OR). Dies im Gegensatz zum deutschen Recht, wo die Gewährleistungsfrist bis zu zwei Jahren (Unternehmer-Verbraucher) betragen kann und gesetzlich manifestiert ist.
Übertragung Eigentum
Wichtig ist auch, dass im Kaufvertrag festgehalten wird, wann Nutzen und Gefahr des Tieres auf den Käufer übergeht und wann der Käufer die Eigentumspapiere erhält. Der Übergang von Nutzen und Gefahr erfolgt in der Regel mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages, die Übergabe des Pferdes sowie ggf. der Eigentumspapiere hingegen nach (vollständigem) Begleichen des Kaufpreises. Hier ist noch zu erwähnen, dass es von Vorteil sein kann, im Rahmen des Kaufvertrages zum einen natürlich den Kaufpreis und zum anderen die Zahlungsart aufzulisten. Erfolgt die Begleichung des Kaufpreises in Raten oder in einer Summe etc.?
Wie können böse Überraschungen verhindert werden?
Vor dem Abschluss des Kaufvertrages sollte das Pferd mehrfach besucht und vor allem auch probegeritten werden. Man soll sich ein umfassendes Bild des Tieres machen: Was sind die Charaktereigenschaften des Tieres, wie sieht der aktuelle Zustand des Pferdes aus? Ist das Tier regelmässig geimpft und entwurmt? Der aktuelle Gesundheitszustand sollte hingegen, wie bereits zuvor erwähnt, durch eine AKU, von einem selbst bestimmten, unabhängigen Tierarzt festgestellt werden, und das Protokoll der AKU sollte zum Vertragsbestandteil gemacht werden. Nach der Übergabe des Pferdes sollte der Käufer das Tier in der neuen Umgebung erneut eingehend beobachten. Erscheint dem Käufer beispielsweise ein Verhalten des Pferdes eigenartig, sollte dies innert neun Tagen dem Verkäufer angezeigt werden (vgl. Art. 202 Abs. 1 OR). Zusätzlich soll beim zuständigen Gericht eine durch einen Sachverständigen durchgeführte Untersuchung des Pferdes verlangt werden. Mit Ablauf der o.g. Frist ist der Käufer grundsätzlich mit allfälligen Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Mängel, die trotz Nachfrage verschwiegen wurden und der Käufer dadurch getäuscht worden ist. Am sichersten dürfte für den Käufer ein Kauf auf Probe sein. So steht es dem Käufer während der Probezeit jederzeit zu, das Pferd, ohne die Nennung von Gründen, zurückzugeben. Allerdings lassen sich hierauf die wenigsten Verkäufer (zu Recht) ein, da sie während der Probezeit keinerlei Kontrolle über den Umgang mit dem bzw. das Reiten des Pferdes haben.
Welche rechtlichen Besonderheiten gibt es bei Reitbeteiligungen?
Reitbeteiligungen bringen sowohl für den Pferdehalter als auch für den Reitbeteiligten Rechte und Pflichten mit sich. Daher empfiehlt es sich auch hier, einen schriftlichen Vertrag zwischen den beiden Parteien abzuschliessen. Es gibt keine spezifische rechtliche Regelung, in der Regel kommen allerdings die gesetzlichen Regelungen der Gebrauchsleihe oder des Mietvertrages zur Anwendung, je nach dem, ob die Reitbeteiligung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.
Demnach sollte im Vertrag geregelt werden, wann der Reitbeteiligte das Pferd ausreiten darf und zu welchen Konditionen. Wie viel bezahlt der Reitbeteiligte der Pferdehalterin, und werden noch andere Aufgaben von der Reitbeteiligten erwartet?
Weiter sollten die Erwartungen der Pferdehalterin, bzw. der Umfang der Nutzung des Pferdes, gegenüber dem Reitbeteiligten festgehalten werden. Etwa was die Reitbeteiligung umfasst, ob das Pferd ohne Sattel geritten werden darf oder ob mit dem Pferd gesprungen werden darf. Weiter ist zu beachten, dass der Reitbeteiligte seine Privathaftpflichtversicherung dahingehend ausweiten soll, dass das Reiten fremder Pferde mit von der Police erfasst ist. Dies ist darum wichtig, da die reguläre Privathaftpflichtversicherung Schäden am Pferd nicht deckt.
[1] Dieser Artikel erschien im Magazin zürichsee Aktuell, Nr. 39 auf S. 16;
https://zuerisee-aktuell.ch/bps-legal.html