Die Ausübung von ärztlichen Berufen setzt in der Schweiz gemäss dem Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (MedBG) eine kantonale Berufsausübungsbewilligung voraus (Art. 34 ff. MedBG). Das Bundesrecht überträgt den Kantonen die Zuständigkeit zur Erteilung dieser Bewilligung, lässt jedoch nur eingeschränkten Spielraum für zusätzliche Voraussetzungen zu. Die Kantone dürfen etwa Anforderungen in Bezug auf Sprachkenntnisse oder persönliche Eignung stellen – nicht aber formale Kriterien wie starre Altersgrenzen einführen, sofern dies nicht durch übergeordnetes Bundesrecht gedeckt ist. Genau an dieser Schnittstelle spielt sich der jüngste Rechtsstreit in Neuenburg ab.
Verfügung Gesundheitsdepartement und Entscheid Kantonsgericht Neuenburg
Ein Neuenburger Arzt, geboren 1944, ersuchte entsprechend dem kantonalen Gesundheitsgesetz (Loi de santé (LS); RSN 800.1) um Verlängerung seiner Berufsausübungsbewilligung, welche in Neuenburg nach dem 70. Lebensjahr alle drei Jahre erneuert werden muss. Das Gesundheitsdepartement lehnte die Erneuerung gestützt auf Art. 57 LSN ab, mit der Begründung, das kantonale Gesundheitsgesetz verbiete grundsätzlich Verlängerungen über das 80. Lebensjahr hinaus. Gegen diese Verfügung wehrte sich der Arzt. Doch am 24. September 2024 schmetterte das Kantonsgericht Neuenburg den Rekurs ab mit Verweis auf das kantonale Gesundheitsgesetz und der fixen Altersguillotine.
Bundesgericht (2C_486/2024, 14.04.2025): Altersgrenze unzulässig
In der dagegen erhobenen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegeneheiten schützte das Bundesgericht die Beschwerde des Betroffenen Arztes. Es hielt fest, dass das Bundesrecht in Art. 34 ff. MedBG keine Höchstaltersgrenze für die ärztliche Tätigkeit kenne. Für ergänzende Regelungen verfügen die Kantone nur über einen geringen Handlungsspielraum. Daher verstosse das kantonale Gesundheitsgesetz (LSN) mit seiner fixen Altersguillotine gegen den Vorrang des Bundesrechts (Art. 49 BV).
Das Bundesgericht betonte, dass die persönliche Eignung zur Berufsausübung sehr wohl geprüft werden dürfe – etwa im Hinblick auf gesundheitliche oder kognitive Fähigkeiten. Eine automatische Verweigerung der Bewilligung allein gestützt auf das Geburtsdatum sei aber unzulässig. Der Entscheid verpflichtet die kantonalen Behörden, künftig auf den Einzelfall abgestützte Eignungsprüfungen durchzuführen – etwa durch ärztliche Atteste oder Evaluationen – statt schematischer Altersgrenzen zu folgen.
Häufige Fragen zu Bewilligungspflicht für Ärzte und Altersguillotine
Wie sind Berufsausübungsbewilligung für Ärztinnen und Ärzte geregelt?
Ärztinnen und Ärzte bedürfen dem Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (MedBG) eine kantonale Berufsausübungsbewilligung (Art. 34 ff. MedBG). Das Bundesrecht überträgt den Kantonen die Zuständigkeit zur Erteilung dieser Bewilligung, was häufig in den kantonalen Gesundheitsgesetzen, wie z.B. in Neuenburg im Loi de santé (LS; RSN 800.1) oder in Luzern im Gesundheitsgesetz (GesG; SRL 800) geregelt wird. Das MedBG lässt jedoch nur eingeschränkten Spielraum für zusätzliche Voraussetzungen zu.
Darf ein Kanton eine Altersgrenze für Ärztinnen und Ärzte festlegen?
Nein. Das Bundesgericht hat klargestellt, dass kantonale Alterslimiten (wie z. B. eine starre Grenze von 80 Jahren) nicht mit dem MedBG vereinbar sind und gegen den Vorrang des Bundesrechts verstossen.
Kann eine Bewilligung dennoch befristet oder nicht verlängert werden?
Ja, aber nur nach individueller Prüfung der persönlichen Eignung. Entscheidend ist nicht das Alter, sondern ob die betroffene Person aus gesundheitlichen oder fachlichen Gründen zur Berufsausübung noch fähig ist.
Was bedeutet der Entscheid für kantonale Gesundheitsdepartemente?
Kantonale Aufsichtsorgane über Ärztinnen und Ärzte sind gehalten, ihre Praxis zu überprüfen. Zulässig ist laut Bundesgericht weiterhin etwa, befristete Bewilligungen auszustellen, um regelmässig überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligungen noch erfüllt sind. In diesem Fall, hat die betroffene Ärztin bzw. der betroffene Arzt einen Anspruch darauf, dass die Bewilligung erneuert wird, falls sie die Voraussetzungen zur Berufsausübung erfüllt. Kantone dürfen zur Prüfung dieser Frage auch eine Begutachtung der betroffenen Person verlangen.
Welche Konsequenzen hat dies für Ärztinnen und Ärzte im Alter?
Sie können ihre Tätigkeit grundsätzlich weiterführen, sofern sie gesundheitlich dazu in der Lage sind. Eine Bewilligung kann nur dann verweigert werden, wenn eine individuelle Überprüfung (z. B. medizinische Gutachten) konkrete Eignungszweifel belegt.